Wer könnte schon etwas gegen ein First Light während der Weihnachtsfeiertage und einer Familienfeier haben? Niemand, vorausgesetzt, mindestens einer der Anwesenden teilt die astronomische Begeisterung und zeigt ehrliches Interesse an dem, was man da tut! An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Vetter meiner Frau, der mit seinem Interesse meine andauernde Abwesenheit im Dienste der Astrofotografie bestens gedeckt – oder sagen wir: gutgeredet – hat.„
Das Seestar S50 wurde also, im Beisein der Verwandtschaft, auf dem Balkon aufgebaut, eingeschaltet und mit dem WLAN meines Smartphones verbunden. Der Clou dabei: Das Gerät verrichtete seine Arbeit draußen in der Kälte, während ich es mir gemütlich im warmen Inneren bei der Verwandtschaft machen konnte! Dabei war es allerdings eher ein stilles Beisammensein, denn außer dem oben erwähnten Vetter interessierte sich kaum jemand wirklich dafür, was ich da eigentlich trieb. Außer meiner Frau natürlich! Sie hatte aufgrund der Wetterlage der letzten Wochen und Monate zwar Verständnis für meine Ungeduld, konnte es sich aber dennoch nicht verkneifen, das ein oder andere vielsagende Augenrollen in meine Richtung zu werfen. Sie wusste ganz genau, dass ich ihren Cousin zu meinem Nutzen „zweckentfremden“ würde, und ich wiederum wusste, dass ihr Augenrollen einzig dazu diente, mich auf die unvermeidlichen Wiedergutmachungsarbeiten vorzubereiten. So ist das eben nach über 30 Jahren Partnerschaft – man versteht sich auch ganz wortlos.
Nach dem Einschalten des Seestar S50 dauerte es wirklich nur wenige Minuten, bis ich über die App mein erstes Objekt auswählen und anfahren konnte. Es war unglaublich, wie schnell das ging! Natürlich wollte ich gleich das „Framing“ der App testen und richtete die Andromeda-Galaxie so im Rahmen aus, wie es mir am stimmigsten erschien. Kein langes Suchen, kein kompliziertes Ausrichten – einfach tippen und das Seestar erledigt den Rest.

Nach einem einfachen Klick auf ‚Goto‘ fuhr das Seestar wie von Geisterhand in Richtung des ausgewählten Objekts. Es richtete sich mittels Platesolving perfekt aus und wechselte dann nahtlos in das Live-Stack-Fenster. Dort konnte ich die Galaxie in Echtzeit dabei beobachten, wie sie mit jedem Moment immer deutlicher und detailreicher wurde – ein wirklich faszinierender Anblick!

Soweit, so wunderbar! Doch während das Seestar S50 so fleißig vor sich hin stackte und ich meinen allerersten ‚First Light‘ mit diesem Gerät erlebte, stellte sich mir plötzlich eine entscheidende Frage: ‚Wie zum Teufel wechsle ich vom Livebild-Fenster zum eigentlichen Aufnahme-Fenster, um die Bilder zu speichern?‘ So lange ich auch suchte, ich konnte in der App einfach keinen Sequenzer oder eine vergleichbare Vorrichtung finden.
Zugegeben, meine Gesamtsituation war an diesem festlichen Abend auch nicht gerade einfach. Immer wieder musste ich meinen Blick vom leuchtenden Smartphone abwenden, in die Runde schauen und natürlich die gebotene Anteilnahme an der Familienfestivität zeigen. Nebenher galt es, mein Pfännchen im Racletteofen im Auge zu behalten und mich irgendwie am Gespräch zu beteiligen. Ich glaube aber fest, dass mir das Kunststück der geistigen An- und Abwesenheit gut gelungen ist und niemandem meine wahre Leidenschaft an diesem Abend auffiel. Hoffe ich zumindest!“
Irgendwann dämmerte es mir: Für all diese Schritte gibt es scheinbar nur ein einziges Fenster – das ‚Stargazer‘-Fenster! Hier gelangt man nicht nur in den bereits erwähnten Live-Stack (der übrigens fröhlich weiterläuft, selbst wenn man die App kurz verlässt), sondern auch direkt zur Bildverarbeitung.
Es geschieht tatsächlich alles in einem Rutsch: Man wählt ein Objekt aus, das Seestar fährt es selbstständig an, wechselt in den Live-Stack (innerhalb des ‚Stargazer‘-Fensters) und beginnt automatisch mit dem Stacken. Das Beste daran: Noch während der Live-Stack läuft, lässt sich das Bild rudimentär bearbeiten und sogar mit der Denoise AI automatisiert entrauschen. Das Ergebnis sah überraschenderweise richtig gut aus! Danach speichert man das fertige Bild einfach ab oder versendet es direkt aus der App heraus. Einfacher geht Astrofotografie wirklich nicht mehr!
Aus längst vergangenen Tagen
Ich kann mir jetzt schon die Gedanken eines ‚puristischen‘ älteren Astrofotografen vorstellen, der wohlwollend an eine längst vergangene Zeit zurückdenkt, als alles noch ‚richtige‘ Arbeit war und jede Neuerung skeptisch beäugt wurde. Damals musste man ja noch das Haus bei Schneesturm und minus 40 Grad verlassen. Begleitet nur mit einer vom älteren Bruder geerbten „Buxe“ und einem löchrigen Pullover. Handschuhe? Fehlanzeige – natürlich! Und die „mindestens“ 100 Kilogramm schwere Ausrüstung musste selbstverständlich die 10 Kilometer durch zwei Meter tiefen Schnee getragen werden. Natürlich Bergauf- hin und zurück bergauf *grins.
Spaß beiseite, aber an meine nervliche Anspannung vor knapp 4 Jahren, bei meinem ersten Deep Sky Astrofoto, kann ich mich noch ganz gut erinnern. Ich war ja zu dieser Zeit blutiger Anfänger und auch ohne Schnee und schwerem Gepäck war mein erstes Foto der Andromeda Galaxie alles andere als einfach. Die Galaxie zu finden war noch das einfachste. Der Wechsel vom Okular zu einem einigermaßen fokussierten Kamerabild, war schon ein weitaus größeres Problem. Als einzigen Anhaltspunkt diente das winzige kleine Display der alten Sony Systemkamera. Von einer Bahtinov Maske wusste ich zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nichts und so musste ich anhand des winzigen Livebildes eine Fokussierung vornehmen. Das war aber nicht das schlimmste, viel nerviger war das Fehlen einer Nachführung. Ein ums andere mal musste ich während der 10 Sekunden Aufnahme behutsam am Stundenrad der Montierung drehen, bis endlich mal ein einigermaßen ansehnliches Bild dabei heraus kam.

Trotz aller „Spärlichkeit“ kostete meine Ausrüstung schon damals über 700 Euro. Und das Ergebnis? Um ehrlich zu sein: Es war schon zur damaligen Zeit einfach nur Mist. Dennoch war ich stolz wie Harry, denn es war meine allererste eigene Aufnahme einer weit entfernten Galaxie! Im krassen Gegensatz dazu sah das mal eben so „nebenher geschossene“ Foto des Seestar S50 einfach nur fantastisch aus.

Natürlich könnte ich jetzt den „Frusthammer“ auspacken und darüber nörgeln, dass Astrofotografie durch Smart-Teleskope zu einem Jedermann-Hobby geworden ist und dadurch an Attraktivität verloren hat. Und ja, irgendwie stimmt das ja auch! Wenn man die schiere Flut an Seestar-Astrofotos auf den sozialen Kanälen sieht, könnte man tatsächlich den Eindruck gewinnen, dass die Astrofotografie „gesichtslos“ geworden ist.
Doch beim genaueren Betrachten ist diese Befürchtung völlig unbegründet. Denn zwischen einem „nur“ guten konventionellen Astrofoto und einem sehr guten Seestar-Foto liegen nach wie vor Welten. Im Gegensatz zu Alan Grant aus „Jurassic Park“ müssen wir uns also noch lange keine Gedanken um das Aussterben unseres geliebten Hobbys machen!
Smart-Teleskope ändern demnach (noch) nichts am eigentlichen Handwerk der Astrofotografie. Sie machen lediglich den ansonsten sehr hohen und oft frustrierenden Einstieg etwas bequemer. Für absolute Neulinge ist das Seestar S50 eine ausgezeichnete und vor allem günstige Möglichkeit, um in die Astrofotografie hineinzuschnuppern, ohne sich dabei sofort in eine vierstellige Kapitalanlage stürzen zu müssen.
Wenn man dennoch etwas „Negatives“ an diesem Fortschritt finden möchte, dann höchstens, dass es sich hierbei um eine echte „Einstiegsdroge“ handeln könnte. Man gelangt schließlich kinderleicht an brauchbare und dennoch selbstgemachte Astrofotos. Das könnte natürlich die Gier nach immer besseren Ergebnissen und detailreicheren Aufnahmen ankurbeln, was zwangsläufig in der Anschaffung neuer, leistungsfähigerer Hardware enden würde – die bekannte Spirale der Astrofotografie!

Fazit: Mein Seestar S50 – Ein treuer Begleiter (mit Galerie-Idee)
Ich persönlich sehe mein Seestar S50 eher als eine nette Spielerei und vor allem als einen mobilen Begleiter für den Urlaub [s. Artikel: Zwischen Ziegen und Leuchttürmen, mein Touri-Kanaren-Urlaub mit dem Seestar S50]. Auf meiner Seite gibt es auch mittlerweile eine kleine S50-Bildergalerie, denn immerhin sind damit schnell vorzeigbare Bilder gemacht, die Interessierten einen unverfälschten Überblick über die eigentlichen Möglichkeiten des Seestar S50 bieten könnten. Das Wichtigste dabei: Diese Bilder sind ohne nachträgliche Bearbeitung mit teurer Software wie PixInsight & Co entstanden. Sie sind so veröffentlicht wie sie die Seestar-App ausgibt und mit Google Fotos rudimentär verändert werden können.
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1 Gedanke zu „Bye-bye, Frust! Mit dem Seestar S50 wird Astrofotografie kinderleicht“